Warum Salz bei CF Leben retten kann

Verschiedene salzige Snacks wie Pommes, Salzstangen, Brezeln, Cracker und Chips in Schälchen auf einem Holztisch arrangiert
Vielfalt typischer salziger Lebensmittel – knusprig und goldgelb

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Faustregel: Die tägliche Flüssigkeitszufuhr sollte sich hochnormal einstellen – besonders an warmen Tagen oder bei erhöhter körperlicher Aktivität. Menschen mit CF trinken oft zu wenig, da der chronische Salzverlust das Durstempfinden beeinträchtigen kann. Erst wenn der Salzhaushalt stimmt, normalisiert sich meist auch das Trinkverhalten.

Einfache Orientierung: So viel Salz geben, dass die betroffene Person etwa so viel trinkt wie ein Mensch ohne CF ähnlichen Alters und Gewichts, der von sich aus viel trinkt. Ganz wichtig dabei: Auch osmotisch wirksame Therapien, insbesondere die Inhalation mit (hoch) hypertoner Kochsalzlösung, setzen auf einer guten Hydratation des Körpers auf!

Man kann es nicht oft genug betonen: Salz ist das A&O im Körper eines Menschen mit CF.

Salzzufuhr bei Mukoviszidose – was man wissen sollte

Bei Menschen mit Mukoviszidose (CF) ist der Kochsalzhaushalt des Körpers besonders störanfällig. Der Grund: Durch den Defekt des CFTR-Proteins wird in den Schweißdrüsen übermäßig viel Natriumchlorid ausgeschieden. Zusätzlich kommt es – insbesondere bei pankreatischer Insuffizienz – zu Salzverlusten über den Verdauungstrakt: Durch die gestörte Bicarbonatsekretion in Bauchspeicheldrüse, Gallenwegen und Dünndarm kommt es zu einer verminderten Pufferkapazität und damit zu einem unphysiologischen intestinalen Salzverlust. Das kann zu Problemen wie Flüssigkeitsmangel, Muskelkrämpfen oder verzögertem Wachstum führen – insbesondere bei Säuglingen und Kindern. In diesem Artikel fassen wir zusammen, was über die Bedeutung von Salz bei CF bekannt ist und wie eine bedarfsgerechte Zufuhr aussehen kann.

1. Pathophysiologie: Warum geht bei CF so viel Salz verloren?

Bei Menschen ohne CF wird ein Großteil des in den Primärschweiß abgegebenen Natriumchlorids über CFTR- und ENaC-Kanäle in den Schweißdrüsen wieder rückresorbiert, bevor der Schweiß an die Hautoberfläche gelangt. Bei CF funktioniert dieser Mechanismus aufgrund des defekten CFTR-Kanals nicht – das Salz bleibt im Schweiß. Die Folge: CF-Betroffene verlieren im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ca. zwei- bis fünfmal mehr Salz über die Haut.

Typische Symptome eines Salzmangels:

  • Konzentrationsstörungen, Erschöpfung
  • Muskelkrämpfe, Kopfschmerzen
  • Zäherer Schleim in Lunge und Verdauungssystem
  • Bei Säuglingen: Dehydration, Pseudo-Bartter-Syndrom

2. Salzbedarf in verschiedenen Altersgruppen

Säuglinge (0–12 Monate):

  • Empfehlung: ab Diagnose 1/8 TL täglich (ca. 0,5 g), ab dem 6. Monat 1/4 TL (ca. 1 g)
  • Studien (wie Coates et al., 2009) zeigen, dass viele CF-Säuglinge mehr als 1–2 mmol Natrium pro Kilogramm Körpergewicht und Tag benötigen

Kinder (1–12 Jahre):

  • Abhängig von Körpergewicht, Aktivität und Umgebungstemperatur
  • Üblicher Bereich: 0,5–2 TL pro Tag (2–8 g Salz)

Jugendliche und Erwachsene:

  • In der Regel ca. 6 g Salz pro Tag (~2½ TL)
  • Bei starkem Schwitzen, Sport oder Infekten deutlich erhöhter Bedarf

3. Situationen mit erhöhtem Salzverlust

Situation Empfehlung
Hitzetage Salztabletten oder Elektrolytlösungen ergänzen
Sportliche Betätigung Vorher und nachher Salz- und Flüssigkeitszufuhr
Fieberhafte Infekte Rehydrierung + zusätzliche Salzaufnahme
Gastrointestinale Verluste Spezielle Rehydratationslösungen (z. B. Oralpädon)

4. Wie kann der Salzbedarf gedeckt werden?

Für eine erste individuelle Einschätzung empfehlen wir unseren interaktiven CF-Salzzufuhrrechner: www.dcfh.de/cf-salzzufuhrrechner

Ernährung:

  • gezielte Auswahl salzhaltiger Lebensmittel: Käse, Brühe, Brot, salzige Snacks
  • Nachsalzen von Speisen (z. B. bei Pasta, Kartoffeln, Gemüsegerichten)

Supplemente:

  • Natriumchlorid-Kapseln (meist 240–600 mg Natrium pro Stück)
  • Bei Bedarf individuell dosierbar, geschmacksneutral

Hausgemischte Elektrolytlösungen:

  • Mischung aus Wasser, Fruchtsaft, einer Prise Salz und etwas Zucker (ähnlich WHO-Trinklösung)
  • Alternative: Fertigpräparate wie Gastrolyte oder Oralpädon

5. Erkennen eines Salzdefizits

Klinische Zeichen:

  • Müdigkeit, Kreislaufschwäche (ACHTUNG!)
  • dunkler, konzentrierter Urin oder verminderte Urinmenge
  • bei Säuglingen: Trinkschwäche, Teilnahmslosigkeit (ACHTUNG!)
  • sichtbare Salzkristalle auf der Haut (v. a. bei Hitzebelastung)

Diagnostik:

  • Serumelektrolyte (v. a. Natrium, Chlorid): Diese Werte können bei beginnendem Wassermangel oft noch unauffällig sein, da der Körper kurzfristig kompensieren kann – insbesondere bei gleichzeitigem Salzverlust. Sie sollten daher nie isoliert beurteilt werden.
  • Hämatokrit (Hk): Ein erhöhter Hk kann auf einen relativen Flüssigkeitsmangel hinweisen, insbesondere wenn gleichzeitig Symptome wie Schwäche oder dunkler Urin bestehen. Der Wert sollte jedoch immer im Zusammenhang mit anderen Befunden interpretiert werden.
  • Urin-Natrium/Kreatinin-Verhältnis (UNa/Crea): Ein einfaches, nicht-invasives Verfahren zur Abschätzung der Natrium-Ausscheidung, das stark mit der fraktionellen Natrium-Exkretion (FENa) korreliert. Aktuelle Daten zeigen eine sehr hohe Sensitivität (97 %) und Spezifität (91 %) – damit ein zuverlässiger Marker für die nicht-invasive Einschätzung des Salzstatus bei Menschen mit CF. Aufgrund der einfachen Durchführung ohne Blutentnahme erscheint die Anwendung besonders im Säuglingsalter praktikabel – auch wenn dies bislang nicht explizit untersucht wurde (PMID: 34802939)

6. Risiko einer Überdosierung?

Bei CF ist ein Zuviel an Salz selten problematisch, da der tägliche Verlust hoch ist. Eine Ausnahme bilden möglicherweise Säuglinge unter etwa sechs Monaten: Bei ihnen ist die renale Salzregulation noch nicht vollständig ausgereift, sodass eine zu hohe Zufuhr – vor allem in Kombination mit zu geringer Flüssigkeitsaufnahme – zu einem Ungleichgewicht führen kann. Hier ist eine sorgfältige ärztliche Begleitung besonders wichtig. Dennoch ist Vorsicht geboten bei:

  • arterieller Hypertonie
  • Niereninsuffizienz
  • kardiovaskulären Grunderkrankungen

In solchen Fällen sollte die Salzaufnahme mit dem CF-Team individuell abgestimmt werden.

7. CFTR-Modulatortherapie – Auswirkungen auf den Salzhaushalt?

Hochwirksame CFTR-Modulatoren wie ETI (Trikafta/Kaftrio) oder VTD (Alyftrek) verändern die Salzverluste über den Schweiß messbar. Viele Studien zeigen sinkende Schweißchloridwerte unter Therapie. Ob daraus automatisch ein geringerer oder gar normalisierter Salzbedarf resultiert, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt. Eine regelmäßige individuelle Evaluation der Salzversorgung – insbesondere bei Modulatorstart oder -wechsel – ist daher empfehlenswert.

8. Schnellübersicht: Salzbedarf nach Alter und Situation

Alter / Lebenslage Empfohlene Salzmenge pro Tag
Säugling 1/8–1/4 TL
Kleinkind 0,5–1 TL
Schulkind 1–2 TL
Jugendliche / Erwachsene ca. 2½ TL
Hitze, Sport + 1–2 Salztabletten / isotonisches Getränk
Infekte + Elektrolytlösung

Fazit

Die Zufuhr von Kochsalz ist bei CF-Patient:innen ein essenzieller Bestandteil der Basistherapie – sie wirkt sich direkt auf Flüssigkeitshaushalt, Schleimverflüssigung und Allgemeinbefinden aus. Die Bedarfe variieren individuell – abhängig von Alter, Gewicht, Aktivitätsniveau, Temperatur und Begleiterkrankungen. Die Einführung von CFTR-Modulatoren macht eine regelmäßige Neubewertung sinnvoll. Praktische Hilfen wie salzhaltige Nahrung, Salztabletten oder Elektrolytlösungen können einfach in den Alltag integriert werden – mit spürbarem Nutzen für Wohlbefinden und Stabilität.

Literatur

  • Declercq D et al. (2022): Urinary sodium/creatinine ratio is a predictor for fractional sodium excretion and related to age in patients with cystic fibrosis (PMID: 34802939)
  • Declercq D et al. (2020): Sodium Status and Replacement in Children and Adults Living with Cystic Fibrosis: A Narrative Review (PMID: 32680818)
  • Coates AJ et al. (2009): Evaluation of salt supplementation in CF infants (PMID: 19800301)
  • Erfahrungswerte aus der Betreuung von CF-Familien der DCFH – Deutsche CF-Hilfe

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