Aktualisierung unseres Originalbeitrags vom 04.12.2019
Warum sind Erkältungen für Menschen mit CF besonders problematisch?
Erkältungen und ihre Begleiterscheinungen wie Husten, Schnupfen, Heiserkeit, Halsschmerzen, Krankheitsgefühl sind zwar unangenehm, jedoch in der Regel zumeist harmlos (auch für Männer).
Dennoch ist das Immunsystem stärker beschäftigt und generell nicht gut im „Multitasking“. Durch den Virusinfekt wird es abgelenkt, und ein bakterieller Infekt kommt leichter zum Zuge.
Vermehrter Schleim in den Nasennebenhöhlen und Bronchien stellt einen guten Nährboden für bakterielle Erreger dar. Aus einem harmlosen Virusinfekt kann also leicht eine ausgewachsene bakterielle Infektion werden.
Die CF-Lunge befindet sich nach einer vorausgegangenen bakteriellen Infektion (Infektexazerbation, kurz Exazerbation) etwa mit Pseudomonas-aeruginosa-Erregern oder Staphylokokken in einer Art Balance zwischen lokaler Gewebeabwehr und der Menge entsprechender Keime.
Weil die Infektabwehr also nicht besonders multitaskingfähig ist, kann der Virusinfekt zu einem Aufflammen einer Lungenentzündung führen – mit hohem Fieber und starker Einschränkungen des Allgemeinbefindens (Schwäche, Gewichtsabnahme, sehr starkes Krankheitsgefühl).
Nach dem Stand der Wissenschaft führen bakterielle Besiedlungen nicht direkt zu einem unwiderruflichen Verlust an intaktem, weiterhin zum Gasaustausch fähigen Lungengewebe. Exazerbationen jedoch können den Grund für einen nicht wieder ganz aufholbaren Einbruch an Lungenfunktion darstellen – denn dadurch droht ein weiterer Umbau der Gewebestrukturen in der Lunge: Die zunehmend ungleiche Belüftung der Lunge begünstigt Infekte und erschwert den Zugang durch inhalative Medikamente.
Daher ist es sehr ratsam, die Häufigkeit von Erkältungen als einem wichtigen Auslöser solcher Exazerbationen zu minimieren.
Was sind die Hauptgründe für Erkältungen in der Winterzeit?
Trockene Heizungsluft an kalten Tagen macht die Schleimhäute in der Nase und Nebenhöhlen sehr empfänglich für Viren. Hinzu kommt, dass besonders die sogenannten Rhinoviren sich bei niedrigeren Temperaturen sehr gut vermehren. Aber auch andere Viren wie etwa Adenoviren freuen sich, an den zu trockenen Schleimhäuten besser anhaften zu können.
Exkurs: Was bedeutet eigentlich „relative Luftfeuchte“?
Bei niedrigen Temperaturen kann Luft weniger Wasser aufnehmen als bei hohen Temperaturen: für jede Temperatur gibt es eine Maximalmenge Wasser, die Luft in sich speichern kann (Sättigungsgrenze). Wenn man diese Maximalmenge mit „100%“ benennt, wären 50% die Hälfte dieser Wassermenge. Ein Würfel aus 1m Kantenlänge (1 Kubikmeter bzw. m³) Luft kann bei 20 Grad max. ca. 17g Wasser aufnehmen. Bei 30 Grad sind es schon 30g Wasser. Die Menge an Wasser entlang der Temperatur gehorcht einem exponentiellen Wachstum. Bei 100 Grad „passen“ tatsächlich 580g Wasser in diesen Würfel!
Wenn man einen 30 Grad warmen Luftwürfel mit 30g Wasser auf 20 Grad abkühlen lässt, müssen 30g-17g=13g Wasser „abgeregnet“ werden, man nennt diesen Vorgang auskondensieren. Sichtbar werden solche Vorgänge etwa an den feuchten Stellen kühler Scheiben und Wänden, oder dem Effekt an der Brille, wenn man vom Kalten ins Warme kommt. Hier kondensiert an der kalten Brillenoberfläche das Wasser auch so lange aus, bis die Brille erwärmt ist.
Relative Luftfeuchte wird also in % (des Sättigungsmaximums) dargestellt, hingegen absolute Luftfeuchte in g/m³.
Welche Maßnahmen in meinem Wohnraum kann ich ergreifen?
- Nur moderat heizen, dafür wärmer anziehen! Das spart Energie und liegt im Trend, ist aber vor allem gut für den Körper.
- Kontrolle der relative Luftfeuchte mit einem guten Hygrometer, anzustreben sind 50-60%. Beispiel: https://www.amazon.de/gp/product/B07DCT1H9W
- Besonders Schlafräume sollten kühl bleiben, immerhin verbringt man meist zwischen 6-8 Stunden dort. Wie gut, wenn sich die Schleimhäute ein bisschen erholen können. Notfalls kann ein Wärmeunterbett verwendet werden, da dies kaum Auswirkung auf die Raumtemperatur und somit die relative Luftfeuchte im Schlafzimmer hat.
Welche Vorsichtsmaßnahmen sind bei der Luftbefeuchtung einzuhalten, speziell bei CF?
- Bei CF keine Luftbefeuchter mit Kaltverdunstungstechnik („Luftwäscher“) verwenden, da hier zwar feiner Dampf entsteht, es im Gerät jedoch zum Wachstum von Schimmelpilzen kommen kann, wenn man sich nicht genau an die Anleitung hält.
- Bei CF keine Luftbefeuchter auf Ultraschallbasis verwenden, da hier kein Wasserdampf, sondern ein Aerosol (Tröpfennebel) erzeugt wird, welches sich leider dazu eignet, Bakterien tief in die Lunge zu befördern.
- Vorsicht: Bei nach außen schlecht wärmeisolierten Fenstern und besonders Wänden kommt es durch die Bildung von Feuchtigkeit früher oder später zur Vermehrung von Schimmelpilzen. In diesem Fall mag das (rechtzeitige!) Abrücken von Schränken helfen. Gelingt hierdurch keine Verbesserung, macht das zusätzliche Befeuchten der Wohnluft leider keinen Sinn. Dann wäre über einen Wohnungswechsel nachzudenken, denn bei CF muss dem Wohnklima eine besondere Aufmerksamkeit zukommen.
Was kann gegen Erkältungsinfekte ebenfalls helfen?
Ein paar Ideen und Inspirationen:
- Altmodisch, gut für den Geldbeutel, schlecht für Putin: Temperatur in Wohnräumen herunterregeln und dick anziehen. Ein T-Shirt etwa plus ein dünner Pullover lässt sich gut unter einem Hoody verstecken. Lange, wärmende Unterhosen kommen bestimmt auch wieder in Mode.
- Viel Trinken! Wenn unzureichend Durst vorhanden ist, mit einer zusätzlichen Menge täglicher Salzzufuhr „nachhelfen“. Übrigens wirkt Salzzufuhr bei CF manchmal auch appetitanregend!
- Füße warmhalten, weil zwischen der Temperatur der Füße und der Durchblutung der Atemwege ein Zusammenhang zu bestehen scheint. Weitere Infos: Kalte Füße können krank machen (Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V.). Zwei paar dicke Socken und dazu „XXL-Hausschuhe“ können Wunder helfen. Aber Achtung: Die Socken dürfen nicht zu eng anliegen, weil das die Durchblutung drosseln kann, was auch wieder zu kalten Füßen führt.
- Tägliche Nasenspülungen oder wenigstens die Anwendung von Nasenspray mit hypertoner (Meer-)Salzmischung und/oder mit Hyaluronsäure stellen gute Maßnahmen dar, die lokale Infektabwehr des Nebenhöhlensystems zu verbessern. Beachte hierzu unseren Artikel über den Zusammenhang zwischen Bakterienwelten (Mikrobiota) der oberen und unteren Atemwege.
- Kurzfristig dürfen auch einmal abschwellende Nasensprays eingesetzt werden – dann am besten immer nur in das Nasenloch, durch das die Luft durch Schwellungen nicht gut hindurch gelangt. Weitere Hinweise hier, obwohl es sich um eine Firmenseite handelt – wir erhalten hierfür kein Geld: Nasenspray-Sucht – Wie man die Abhängigkeit bekämpfen kann
- In einem Cochrane-Review hatte ich gezeigt, dass Erkältungen signifikant um einen Tag kürzer waren, wenn Zinklutschtabletten mit einem Gehalt von mind. 75 mg innerhalb von 24 Stunden nach den ersten Symptomen eingenommen wurde. Weitere Infos: Zink verkürzt die Erkältung (Ärztezeitung). Noch spannender: In zwei Studien an Kindern hatte sich durch die vorsorgliche Gabe von Zink die Häufigkeit von Erkältungsepisoden um gut ein Drittel verringert!
- Hochdosiertes Vitamin C. Während das die meisten Menschen wohl ganz gut vertragen, reagieren manche mit der Bildung von sogenannten Oxalatsteinen in Niere oder Blase. Die Wirkung ist umstritten. Weitere Infos: Vitamin C – erstaunlich gesund?
- Tee aus Cistus Incanus. Weitere Infos: Cistustee soll die Abwehrkräfte stärken und bei Hautproblemen helfen
- Merrettich-Kapuzinerkresse-Fertigpräparate. Weitere ausführliche wissenschaftliche Infos: Kapuzinerkresse plus Meerrettichwurzel
- Immunstimulation durch Fertigpräparate auf Echinacea-Basis. Achtung bei bereits bekannter Allergie auf andere Korbblütler wie Arnika, Ringelblume oder Kamille! Weitere Infos: Echinacea (Pharmawiki-Beitrag)
- Kneippsche Wechselbäder bzw. häufiges Aufsuchen wechselnder Temperaturen. Hierdurch wird das Gefäßsystem in seiner Anpassungsfähigkeit trainiert. Weitere Infos: Das Wechselfußbad: wie Wechselduschen für die Füße
- Überraschung
Und wenn das alles irgendwie nichts zu bringen scheint?
In solchen Fällen sollte zusammen mit dem Behandlungsteam überlegt werden, ob frühzeitig(er) Vorbereitungen einer Antibiose eingeleitet werden. Besonders könnte dieses Vorgehen ratsam sein, wenn vergangene Lungeninfekte regelmäßig zu irreversiblen Schäden geführt hatten.
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