Die Tatsache, dass die Gefahr eines sogenannten kolorektalen Karzinoms bei CF um das 5-10fache erhöht ist, kann angesichts der weiter zunehmenden Lebenserwartung der Menschen mit CF nicht ignoriert werden. Die genauen Ursachen dafür sind unbekannt, aber es könnte sich um eine Folge der Eindickung des Darmschleims handeln. |
Was spricht für eine regelmäßige, stetige Darmreinigung?
Die Gemeinsamkeit aller CF-Probleme sind ja fehlerhaft funktionierende CFTR-Kanäle, was zu einem Wassermangel in den Schleimschichten führt.
Wie in der Lunge, …
Bei der Lunge ist die Förderung des Flüssigkeitseinstroms beste Praxis (etwa durch hypertone Kochsalzlösung oder Mannitol), um der Wirkung des defekten CF-Kanals etwas entgegenzusetzen. Man wartet nicht ab, bis die Lunge voller Schleim ist, um ihn dann etwa abzusaugen, sondern wirkt dem präventiv entgegen.
Die Therapie der Lunge „lebt“ von dem Versuch, der Eindickung des Schleims überall in der Lunge durch Einwirken mit möglichst hochprozentiger Kochsalzlösung entgegenzuwirken. Die inhalierte Kochsalzlösung zwingt die Bronchialschleimhaut dazu, Wasser in das Lumen, also den atemführenden Bereich einströmen zu lassen. So wird der Schleim wieder für Stunden flüssiger – die Lunge kann sich leichter von ihm befreien, der essentielle Reinigungsprozess (die mukoziliäre Clearance) läuft wieder.
…so im Darm
Der Entzündungswert Calprotectin wird bei Menschen mit CF aufgrund der regelmäßig pulmologisch ausgerichteten CF-Ambulanzen leider nur selten bestimmt. Bei CF ist dieser Wert häufig erhöht, was kaum überraschen kann.
Eine Tabelle aus [1 (Seite 45)] demonstriert dies eindrucksvoll, hier wurden die FC-Werte (FC = fäkales Calprotectin) aus einer ganzen Reihe von Arbeiten zusammengestellt:
Cut-off meint: Grenzwert, ab dem die jeweilige Studie das Vorliegen als „positiv“ im Sinne eines Entzündungsprozess sieht, häufig sind das 100 µg Calprotectin pro g Stuhl.
Dem Darm wird zu wenig und vor allem kontinuierliche Aufmerksamkeit geschenkt. Besonders der Dünndarm ist dabei häufig ein Buch mit sieben Siegeln, weil er ja sehr schlecht einzusehen ist. Dabei findet dort nun einmal der wichtigste Teil der körperlichen Nährstoffaufnahme statt.
Wer schon mal das „Gemecker“ von darmspiegelnden Ärzt:innen über einen angeblich nicht ordnungsgemäß gereinigten Darm gehört hat, weiß eigentlich, wovon die Rede ist. Man muss sich doch mal klarmachen, was das bedeutet!
Bauchschmerzen bei CF stellen den Beginn der Spitze des Eisberges dar, das Ende der Spitze ist der DIOS inkl. Operation. Sie werden häufig achselzuckend hingenommen (von denjenigen, die die Schmerzen nicht aushalten müssen: „Das ist halt die CF, da hat man Bauchschmerzen“), beruhen jedoch fast immer auf den direkten und verzögerten Effekten eines ständig zähflüssigen Schleims (Mukoviszidose) im Darm.
Auf dem Boden dieser ständigen Belastung der Darmwände – die Passagezeit ist häufig massiv erhöht – kann es nach Jahren und Jahrzehnten auch zu sich verselbständigenden Darmentzündungen kommen, bei denen der Calprotectinwert manchmal astronomische Höhen erreicht. Calprotectin wird beim Untergang von Darmzellen frei! Das muss man sich einmal vor Augen halten.
Vielen Menschen mit CF könnte helfen, täglich eine individuell zu findende Dosis an Macrogol (+immer ausreichend Flüssigkeit dazu) zu sich zu nehmen. Die Sorge, das würde die Nährstoffaufnahme verschlechtern, ist wahrscheinlich unbegründet, wenn die Darmpassagezeit wieder auf ein Normalmaß gebracht wird.
Wenn also auch der Darm täglich „inhalieren“ darf, ist das die beste Basis für eine ausreichende und wirksame Enzymdosierung (unter der es dann nicht mehr zu Verstopfungen kommt) und wahrscheinlich auch für das Mikrobiom im Dickdarm sehr zuträglich, das wiederum auf eine Vielzahl von Körperprozessen einwirkt.
Eine mit zähem Schleim verlegte Darmwand wird wohl kaum in der Lage sein, Nährstoffe optimal aufzunehmen. Dies kann somit eine Ursache für Untergewicht darstellen! Umgekehrt gilt daher: eine verkürzte Darmpassagezeit durch Abführmittel oder andere Maßnahmen muss sich nicht negativ auf die Nährstoffaufnahme auswirken. Unter Umständen kann der Darm Nährstoffe eben besser aufnehmen, wenn die Darmwände nicht von dickem Schleim überzogen sind!
Was tun? Einmal mehr das Zauberwort: Geduld!
Für viele Menschen mit CF klingt das Wort Geduld nach „Zahnarztbesuch“, wenn sie es schon wieder hören müssen!
Es gilt, eine gute Macrogol-Dauerdosis für den Darm zu finden – und das erfordert Geduld.
Das How-to
Erster Schritt: ordentliches „Durchputzen“ des Darms mit wirklich großen Mengen Macrogol – wie vor einer Darmspiegelung! Dafür gibt es ja auch größere Gebinde wie etwa Cleanprep.
Dann Tag für Tag: beginnend mit sehr kleiner Dosierung, vielleicht nur einen Teelöffel Macrogol-Pulver (etwa Movicol) auf ein Glas Flüssigkeit jeweils morgens und abends einnehmen. Die Dosisfindung kann viel Geduld kosten, weil sie für jeden Betroffenen völlig unterschiedlich ist. Kommt es erneut zu Verstopfungen, muss man auf „Restart“ gehen: nochmal alles durchspülen, weil man zu niedrig dosiert hat oder die zeitliche Verteilung über den Tag nicht optimal war.
Möglicherweise kommt man auf Dauer gar nicht umhin, beispielsweise monatlich eine „Grundreinigung“ vorzunehmen, um sich die restliche Zeit auf der „Unterhaltsreinigung“ auszuruhen.
Eine Alternative oder Ergänzung mag Acetylcystein (ACC, auch N-ACC) darstellen. So wird der zähe Darmschleim ebenfalls verflüssigt. ACC gibt es etwa als Brausetabletten. |
Was uns in diesem Zusammenhang interessieren würde: Gäbe es Salztabletten mit zwei unterschiedlichen Auflösungsverhalten, bei welchen eine Sorte im Dünndarm aktiviert wird, die andere sich gar erst im Dickdarm öffnet – wäre das nicht zumindest für bestimmte Darmabschnitte eine Behandlung entlang des Basisdefekts? Auch hier müsste es, wie bei der Therapie der Lunge mit osmotisch wirksamen Substanzen wie Kochsalz oder Mannitol, zu einem Flüssigkeitseinstrom und folglich einer Normalisierung der Darmschleimkonsistenz kommen.
Die Belohnung
Vielleicht erreicht man durch besagte Darmtoilette (dem Pendant zur Bronchialtoilette) ja einige Ziele:
- Weniger bis gar keine Bauchschmerzen mehr
- weniger bis gar keine Verstopfung
- Gewichtszunahme, weil die Nährstoffe wieder zur Darmwand hindurchdringen
- Geringerer oxidativer bzw. toxischer Stress und daher
- geringeres Darmkrebsrisiko
Noch ein Hinweis: Auch gegen sogenannte paradoxe Durchfälle hilft nur die konsequente Reinigung. Sie sind Zeichen der Tatsache, dass der Dickdarm bereits mit seiner Basisaufgabe überfordert ist, nämlich Eindickung durch Entwässerung des Kots. Offensichtlich, dass dann auch die gesamte Aufnahme von Nährstoffen und Produkten des Mikrobioms wie Vitaminen im Dickdarm massiv gestört ist.
Weiterführender Artikel: Hat man nun ein Setting für seinen Darm gefunden, kann man sich noch mit dem Thema Flohsamenschalen befassen. Diese begünstigen einen Rückgang von Entzündungen und senken zugleich die Passagezeit für Essen leicht ab, ohne Verstopfungen zu riskieren – bei richtiger Anwendung!
Literatur:
[1] Doktorarbeit Anna Zimmermann, 2018: Entzündung im Magendarmtrakt bei Patienten mit Mukoviszidose
Hinterlasse jetzt einen Kommentar