Gedanken zur Frage, ob, wann und wie man mit oraler Antibiose startet

Überhaupt eine Antibiose?

Wahrscheinlich kann diese Frage grundsätzlich nur individuell, also von Patient zu Patient beantwortet werden – es gibt da eine ganze Bandbreite von Entscheidungsmöglichkeiten, sicherlich auch klügere und weniger kluge Wahlen.

Erfahrungen anderer Patienten können inspirierend sein, ob sie wirklich auf einen selbst übertragbar sind, kann kaum beantwortet werden, weil die Rahmenbedingungen beim anderen Patienten nicht bekannt sind. Das ändert sich auch dann nicht, wenn man die genaue Lage des anderen Patienten zu kennen glaubt.

Jede Anwendung von Antibiotika birgt Risiken und Schwierigkeiten:

  • schlechte Wirksamkeit durch schlechte Bioverfügbarkeit in der Lunge
  • vorhandene Resistenzen
  • Ausbildung neuer Resistenzen während der Antibiose
  • Eintreten schwieriger oder gar gefährlicher unerwünschter Wirkungen

Aber auch, eine Antibiose nicht (rechtzeitig) einzuleiten, kann mitunter gefährlich, in Einzelfällen tödlich enden.

Bei aller Kritik am leichtsinnigen Umgang mit Antibiotika darf man nicht vergessen, dass gerade die frühzeitige Behandlung mit Antibiotika der wesentliche Grund für die dramatische Verbesserung der Lebenserwartung bei CF ist, die sich in den letzten 20 Jahren ergab. Das Problem unwirksam werdender Antibiotika wird nicht durch die Patientengruppen geschaffen, für die sie überlebensnotwendig sind. Diese Fehler passieren in den vielen Hausarzt- und auch Facharztpraxen, wo zu schnell und unkritisch mit Antibiotika behandelt wird.
Inhalative Antibiotika sind übrigens grundsätzlich schwer vergleichbar mit oralen oder intravenös verabreichten Antibiotika. Sie stellen eine vergleichsweise unproblematische Art der Vorsorge dar.

Problem: Keimdiagnostik

Ob ein Keim „vorhanden“ ist oder nicht, ist für sich genommen schon extrem schwierig zu beantworten. Im Rachenabstrich ist diese Frage sehr unsicher zu klären, im Sputum unsicher, und selbst in der BAL einer Bronchoskopie kann man einen Keim übersehen! Und dazu kommen noch die Laborunsicherheiten! Es gibt schon Gründe, warum viele Ambulanzen nur den Ergebnissen ihres Labors vertrauen.
Immunologische Prozesse eines jeden Menschen spielen individuell in die Bildung von Resistenzen hinein – heißt, bei dem einen Menschen bilden sich leider ganz schnell Resistenzen in bestimmten AB/Bakterien-Konstellationen, bei dem anderen lebenslang nicht!

„Kalkulierter“ Einsatz?

Allerdings wäre es sehr wünschenswert, vor dem Start einer Antibiose eine Sputum-/Rachenabstrichprobe zur Untersuchung gegeben wird. Bereits die erste Gabe Antibiotikum zerstört Informationen über den Zustand, der zur Entscheidung für eine sogenannte „kalkulierte“ Gabe geführt hatte. „Kalkuliert“ ist das elegante Wort, wenn man Antibiotika intuitiv nach Erfahrungswerten gibt, ohne genau zu wissen, wie die bakterielle Lage im zu behandelnden Organ gerade ist. Zeigt sich aber in den folgenden Tagen, dass man sich verkalkuliert hatte, hat man – eigentlich unter Zeitdruck – zwei Probleme:

  1. weiß man nun immer noch nicht, welche Keimsituation man eigentlich behandelt
  2. ist es aufgrund der laufenden Antibiose für die Labore nun sehr schwierig, ein Keimwachstum zu erzeugen. Selbst wenn das Labor die Information über die verwendeten Antibiotika erhält, sind seinen diagnostischen Möglichkeiten Grenzen gesetzt

Zu dem Thema sei noch unser Beitrag Regelmäßige oder bedarfsweise IV-Antibiosen? empfohlen.

 

 

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*