Bei CF 10 oder 20% Kochsalzlösung inhalieren? Ein Erfahrungsbericht mit Interview

Vorbemerkung der Redaktion

Wir empfehlen dringend, vor dem Start der Anwendung hoch hypertoner Kochsalzlösungen die Flüssigkeitslage im Körper zu optimieren. Menschen mit CF sollten grundsätzlich reichlich trinken. Die CF-typische Trinkunlust lässt sich mit einer Erhöhung der oralen Salzzufuhr leicht beheben. Vorsicht allerdings bei eingeschränkter Nierenfunktion! 

Ich habe mit 10%iger Kochsalzlösung inhaliert und bin begeistert!

Vor kurzem hat mich eine Leidensgenossin (Betti) auf die Idee gebracht, das Inhalieren mal mit einer 10%igen Kochsalzlösung zu versuchen (Produktinfo weiter unten). Ich selbst hatte noch nie vorher davon gehört, und es scheint auch nicht allzu sehr unter uns Menschen mit CF bekannt zu sein. Daher möchte ich gerne meine Erfahrung mit euch teilen. Vielleicht bekommt Ihr Lust, Euch ebenfalls damit zu befassen.

What? 10%?

Logisch, angesichts eines hohen Salzgehaltes von 10% war ich zuerst skeptisch. Ich hatte Angst, dass meine Lunge damit nicht klar käme und sich meine Bronchien zu sehr verengen. Ich musste auch zunächst einmal meinen Arzt davon überzeugen, mir so etwas wie 10%ige Kochsalzlösung zu verschreiben. Mehr als 10 Ampullen zu je 10ml hat er mir dann auch erstmal nicht verschrieben.

Das Aha-Erlebnis #1

Kurze Zeit später hatte ich dann die erste Inhalation damit. Ganz vorsichtig habe ich den Nebel zuerst beschnuppert, dann kleine Züge genommen. Als ich dann merkte, dass meine Lunge nicht besonders negativ reagiert, dann auch tief inhaliert. Natürlich hat jeder seine Toleranzgrenzen, Einige können nicht einmal 6%ige Kochsalzlösung inhalieren, geschweige denn also 10%. Das muss jeder für sich herausfinden. Aber ich kann empfehlen, nicht gleich die Hoffnung verlieren, wenn es reizt, sondern es mit etwas Geduld zu probieren. Häufig gewöhnt man sich nach ein paar Versuchen doch noch daran.

Meine Lunge kommt bisher jedenfalls ganz gut damit klar. Bereits beim bei dieser ersten Inhalation floss und floss der Schleim nur so aus meiner Lunge. Es fühlt sich für mich irgendwie so an, als würde gerade mit einem Wasserschlauch meine Lunge gründlich durchgespült. Ziemlich bald lockerte sich überall der Schleim und es rasselte wie verrückt. Ich musste überhaupt nicht dafür arbeiten, den Schleim abzuhusten, er kam von alleine raus. Nach der Inhalation habe ich daraufhin nochmal Autogene Drainage mit dem RC Cornet gemacht, um an den Schleim aus den tiefen Regionen zu kommen. Dafür musste ich dann doch etwas arbeiten. Es kam ständig Schleim nach. Ich musste irgendwann aufhören, weil mir die Kraft langsam ausging. Ich hätte aber noch weiter abhusten können. Der Farbverlauf vom Schleim ging von weiss/hellgelb am Anfang bis hellbraun gegen Ende. Wie ein Archäologe konnte ich sehen wie die Schleimsedimente sich abtrugen. Tagsüber fiel mir dann auf, dass meine Bronchien sich freier und „hohler“ beim Husten anfühlten. Der Husten hielt sich in Grenzen, war aber immer produktiv.

…und es floss und floss

So verlief die erste Inhalation. Und bei der zweiten und dritten Inhalation war es ganz ähnlich. Unmengen Schleim kamen zu Tage.

Das Aha-Erlebnis #2

Aber bei der vierten Inhalation wurde es plötzlich viel besser: Das bisschen Schleim, was noch da war, kam schnell hoch. Das war dann auch beim fünften Mal so wenig. Ich glaube, in diesem Moment hatte ich ein neues Plateau in der Reinigung meiner Lunge erreicht. Mittlerweile bin ich mit den 10 Ampullen durch und muss sagen: Ich trauere dem sehr nach. Ich bin froh, dass ich sie in paar Tagen endlich nachbestellen kann. Bis dahin muss ich mich dann mit Nebusal 7% abfinden, womit ich mich jetzt eben nicht mehr zufrieden geben will.

Im Anfang stand die Inspiration

Ich will jetzt nicht sagen, dass so etwas für jeden von uns Menschen mit CF die Lösung ist. Es würde mich aber nicht wundern, wenn einige von uns ebenfalls einen großen Nutzen daraus ziehen würden. Man kann es ja mal probieren und schauen ob die 10%ige NaCl Lösung eine gute Alternative zur CF-Therapie ist. Für die Krankenkasse ist es auch von Vorteil, denn 100ml MucoClear 6% kostet 17,66€ im 3er-Pack bzw. 21,73€ als einzelne Packung, während bei der 10%-Lösung der Preis bei 3,89€ pro 100ml liegt. Ich kann nur vermuten, dass der hohe Preis bei MucoClear damit zusammenhängt, dass es ausschließlich für CFler und Menschen mit Bronchiektasen als Nischenprodukt zugelassen ist. Währenddessen wird die 10% Nacl Lösung als Infusionskonzentrat für alles Mögliche eingesetzt.

Ich bin jedenfalls so dankbar, dass Betti mir davon erzählt hatte – sonst hätte ich diese Erfahrung nicht machen können.

Produktinfos

Hier erst einmal ein paar Beispiele für beziehbare Produkte.

10%-Kochsalzlösung

Hersteller: Fresenius Kabi
PZN: 00817474
Menge: 20x 10ml
Verpackungsgröße: N3
Preis: 7,66€

20%-Kochsalzlösung

Hersteller: Braun
PZN: 03158351
Menge: 20x 10ml
Verpackungsgröße: N3
Preis: 7,78€

Das Interview

Vielleicht habt Ihr noch einige Fragen. Etwa, wie man das bekommt oder wie man überhaupt darauf kommen kann, Infusionslösungen zu inhalieren und vieles mehr. Besagte CFlerin Betti jedenfalls inhaliert sogar mit 20%iger Kochsalzlösung, seit sie ein Kind ist! Also dachte ich mir, wir machen ein kleines Interview, um die meisten Fragen vorab zu beantworten.

Was man nicht alles erfährt, wenn man sich mit anderen CFlern unterhält

Neulich hat mich eine CFlerin (Betti) auf Facebook angeschrieben und wir haben uns über unsere Medikamente und Therapien unterhalten. Die Liste wurde runter gerattert. Kreon, Antibiotika, eFlow, Symkevi, soweit alles schon hundertfach gehört und allseits bekannt. Dann aber hat Betti etwas aufgelistet, da ist mir regelrecht die Kinnlade runtergefallen: Seit ihrer Kindheit inhaliert sie 10%ige bzw. 20%ige Kochsalzlösungen! Sehr interessiert, hatte ich gleich viele Fragen im Kopf. Die Fragen und Antworten dazu wollten wir der CF Community nicht vorenthalten. Es folgt ein kurzes Interview mit Betti:

Eckdaten der CFler

Betti, die Befragte, Jahrgang 1988, F508del-homozygot. Ihre aktuelle FEV1 liegt im Schnitt bei Mitte 60%, zu Spitzenzeiten auch mal bei 73%.
Alex, Fragesteller, Jahrgang 1988, ebenfalls F508del-homozygot. Seine FEV1 rangiert zwischen 54% – 62%.

 

Alex: Wie lange inhalierst Du schon 10%ige bzw. 20%ige Kochsalzlösung?

Betti: Ich werde nächstes Jahr 32 — habe also die Markteinführung von MucoClear miterlebt — und davor gab es eigentlich keinen Hersteller, der hochprozentiges Kochsalz speziell zu Inhalationszwecken vertrieben hat. Mein Arzt hatte jedoch schon viel früher das Potential solcher Kochsalzlösungen geahnt und hatte mich von dem Standard 0,9% NaCl auf 19,5% NaCl umgestellt. Das war ca. 1994 und ich war sechs Jahre alt — meine Mutter erinnert sich noch dunkel… Damals ging die Inhalation via dem lauten, langsamen Pari Master.

Alex: Wie wirkt es auf Dich?

Betti: Die spannendere Frage wäre eher: wie war der Wechsel zu MucoClear 6%!? MucoClear ziehe ich als Vergleichsprodukt heran, da es für mich eben die vom Arzt vorgeschlagene Alternative zu meinen bisherigen 19,5% NaCl war und ebenfalls in meinen Augen am verbreitetsten in der täglichen Therapie zum Einsatz kommt.

Ich hatte als Routine also bestimmt 10 Jahre lang meine 19,5% NaCl 2x täglich inhaliert. Das Ganze war so normal für mich wie Zähneputzen. Dann habe ich auf MucoClear 6% gewechselt, weil das ja nach Studien und Tests als das neue Ultimum dargestellt war. Ich bemerkte aber, wie ich weniger Schleim mobilisieren konnte und auch tagsüber das Rasseln und Knistern eher zu merken war. Das verstand ich allerdings zunächst wohl nicht richtig. Ich dachte, das ist eben die CF und deren Voranschreiten.

Als ich nach mehreren Jahren MucoClear 6% mal wieder interessehalber meine 19,5% haben wollte, hörte ich, dass die Dosierungen sich jetzt verändert hätten und nun 10% oder 20% zur Auswahl stünden. Nach kurzer Überredungskunst verschrieb mir ein anderer, neuer CF Arzt also beide Stärken NaCl und ich testete. Meine Lunge hatte sich ganz schön an die 6% gewöhnt und die Tröpfchengröße im eflow – ein nicht zu vernachlässigendes Upgrade vom Pari Master – war ja auch kleiner und das Kochsalz konnte tiefer in die Bronchien gelangen. Aber nach ein paar Tagen also war es wieder entspannt und die Produktion und Schleimlösung während der Inhalation wieder so, wie ich es von früher noch in Erinnerung hatte. Ein klares Plus: 10% Kochsalz halten meine Lunge über den Tag hinweg nachhaltig befeuchtet, was MucoClear 6% nicht schafft. Das sorgt dafür, dass ich nicht nur während der Inhalation leichter abhusten kann (das geht dann soweit, dass nach den ersten 3-4 Schleimhustern eigentlich nur noch transparenter Schleim hochgehustet wird!), sondern auch über den Tag verteilt —wenn ich mal huste— den Schleim leichter hochbekomme. Und das ist ja das Ziel der Inhalation!

Und wer jetzt denkt: ‚Mein Schleim ist immer farbig und nie transparent, die hat bestimmt nicht so viel Schleim,‘ dem muss ich sagen, dass ich ein absoluter „Schleimhochproduzent“ bin. Wenn ich mal zwei, drei Tage die Inhalation schleifen lasse, kann ich locker einen ganzen Becher abhusten und laufe während Infektzeiten leider auch super schnell voll! Die 10% & 20% Kochsalz helfen mir, da regelmäßig genug zu befeuchten und dran zu bleiben!

 Alex: Wird Deine Lunge nicht dadurch gereizt?

Betti: Gute Frage. Zu Anfang gibt es definitiv eine Gewöhnungsphase, die ein paar Tage dauert. Ich mische ein paar Tropfen Salbutamol in meine erste Inhalation morgens, damit die Bronchien etwas erweitert werden. Das hilft genug und ich spüre keine Enge. Definierst Du als Reizung schon normalen Hustenreiz? Wenn ja, dann triggert 10% NaCl einen produktiven Husten.

Alex: Welche Firma vertreibt sie? PZN? Menge und Größe?

Betti: Ich verwende das 10% Infusionslösungskonzentrat von Braun, PZN 3158291, 20x10ml als Packungsgrösse N3 und das 20% Elektrolytkonzentrat ebenfalls von Braun, 20x10ml, PZN 3158351.

Alex: Hat Deine Krankenkasse jemals gemeckert, weil das Infusionslösungen sind?

Betti: Meine Krankenkasse hat nie nachgefragt, warum ich mir Infusionskonzentrate bestelle. Das liegt vielleicht daran, dass diese 20x10ml N3 Boxen günstiger sind, als MucoClear? Reine Spekulation. (Ich bin bei der AOK Baden-Württemberg).

Alex: Wann inhalierst Du mit der 10%, wann mit der 20%-Lösung? Worauf kommt es an?

Betti: Das mache ich zeitabhängig — an Tagen mit viel Zeit, meist am Wochenende, inhaliere ich erst mit 10% Kochsalz und lege noch 20% drauf. Da sind Gefühl und Effekt zunächst ähnlich, nur kommt da nochmal mehr raus. Wenn ich bei 10% gerade gedacht hatte: jetzt ist es soweit sauber, transparenter Schleim und ‚leer‘ klingender Husten… dann inhaliere ich die 20%ige Lösung hinterher, und nach 5 Minuten Inhalation kommt dann plötzlich doch noch ein unerwarteter grüner Blob…

Alex: Welche Nebenwirkungen hast du erlebt, welche Risiken siehst du?

Betti: Ich denke, dass für manche die Enge vielleicht ein Problem sein könnte. Und der ausgelöste, hoffentlich produktive, Hustenreiz ist bestimmt auch erwähnenswert für die Gewöhnungsphase. Das ist am Anfang der Umstellung von 7% oder 6% NaCl ganz normal, davon sollte man sich nicht so schnell entmutigen und gar abbringen lassen — vielleicht hilft es, mehrere kleine Pausen einzulegen oder das 10% Kochsalz anfangs mit 6% zu verdünnen, bis man sich daran gewöhnt hat. Die eFlow-Inhalette fasst übrigens nicht die kompletten 10 ml, ich fülle einmal nach, um die ganze Ampulle zu verbrauchen.

Alex, wie Du mir ja mitgeteilt hattest, war für Dich der Durst nach der Inhalation eine Art Nebenwirkung — das fällt mir schon gar nicht mehr auf. Das ist aber in meinen Augen ein guter Nebeneffekt, da es ja auch einige CFler gibt, die Probleme haben, auf ihre 3 Liter am Tag zu kommen. Eine ‚Nebenwirkung‘ für die eFlow-Membranen ist leider, dass sie damit schneller verschleißen: Meine Inhaletten sind nach einer 20% Inhalation komplett weiß, weil vom Salz verkrustet, es wäscht sich natürlich alles gut ab — aber sie rosten definitiv schneller als beim 6% MucoClear Gebrauch.

— und nun noch von Betti an Alex: wie kamst Du zurecht in deinem Test der 10%igen Kochsalzlösung? Worin lag für dich der größte Unterschied zu vorher? Wirst du damit weitermachen?

Alex: Zu meiner Überraschung hat meine Lunge nicht komplett dichtgemacht, als ich die 10% zum ersten Mal probierte. Der größte Unterschied zwischen den 10% und 6% bzw. 7% lag in der Leichtigkeit den Schleim zu mobilisieren und in der Menge des mobilisierten Schleims. Als würde man die Lunge gründlich mit einem Gartenschlauch ausspülen, so wurde Schicht für Schicht der Schleim abgetragen. Ich kann jetzt nicht behaupten, dass MucoClear 6% bzw. Nebusal 7% mir gar nichts bringen. Da wo aber diese Medikamente an ihre Grenzen kommen, da setzen die 10% an und „hauen einfach noch mehr raus“!

Ich habe heute meine letzte Ampulle aus meiner Testpackung verbraucht und trauere dem richtig nach. Ich kann es kaum erwarten, bis ich die nächste Packung bekomme. Bis dahin muss ich mich erstmal mit dem 7%igen Nebusal zufriedengeben.

1 Kommentar

  1. Hallo Ihr, mein Sohn hat zwar kein CF ein ähnliches Krankenbild.

    Er hat eine Bronchiolitis obliterans mit Bronchiektasen. Heißt verengte bzw. Vernarbte Bronchiolen und durch die enge Einsackungen bei den Bronchiolröhren wo sich der Schleim schön sammeln kann.

    Er ist nun 6 Jahre und wir inhalieren mit Salbutamol und Mukkoclear. Ich habe bereits 10% sowie 20% probiert aber der Schleim bleibt hartnäckig.

    Problem ist, dass er nicht so hinterher ist und ordentlich mitmacht, das TV Programm ist leider wichtiger.

    Meine Frage ist mit welchem Einsatz (rot oder blau) inhaliert ihr? Inhaliert ihr zuerst mit Salbutamol um die Bronchien nicht verkrampfen zu lassen. Zum Schluss wie viel ml inhaliert ihr und wie lange braucht ihr dafür.

    Mit dem roten Einsatz dauert es ewig und dabei nutzen wir schon den RC Corner mit Adapter um ihm an der Inhalette zu koppeln, quasi während der Inhalation gleichzeitig trainieren und Schleim lösen.

    Vielleicht kann der Seitenbetreiber Mal Kontakt zwischen uns herstellen?

    Vielen Dank

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